Man hat oft den Eindruck, dass kleinere Hunde aggressiver sind oder ihren Besitzer verteidigen wollen. Das ist aber eine Pauschalisierung, die nicht zu halten ist. Zwar haben verschiedene Hunderassen auch Neigungen zu einem bestimmten Verhalten, aber Aggression gehört nicht dazu. Es gibt Hunderassen, die lebhafter sind und solche, die ein etwas ruhigeres Gemüt haben. Ein Pinscher, der auf dem Sofa sitzt, die Besucher anbellt und seinen Platz verteidigen will, ist aber erst einmal ein ganz normaler Hund.
Ein Grund für das Verhalten liegt in uns Menschen. Wir sehen einen kleinen Hund nicht als Gefahr und behandeln ihn deshalb auch anders. Kleine Hunde wecken bei uns Gefühle des Beschützens, wir denken sie wollen spielen, auch weil sie nicht viel größer als Welpen sind.
Der Hund weiß das aber nicht. Für ihn gibt es nur Instinkte und angeborene Verhaltensweisen. Zu diesen gehört, dass man Abstand hält, vor allem zu Wesen, die man nicht kennt. Wenn hingegen plötzlich und unvermutet eine Hand nach dem Kopf des Hundes greift, wird dieser sich angegriffen und bedroht fühlen. Gleiches gilt auch für Ruheplätze wie das Sofa oder ein Hundekissen. Zumal wir als große Menschen bei kleinen Hunden immer von oben nach ihnen reichen, was ebenfalls den Eindruck der Bedrohung verstärkt.
Menschen reagieren anders als Hunde
Man würde das Verhalten gegenüber einen Yorkshire Terrier, Pinscher oder Chihuahua niemals bei einem Schäferhund oder Pitbull ausprobieren. Vor diesen Hunden haben wir einen – meist anerzogenen – Respekt und halten erst einmal Abstand. Dabei ist das Verhaltensmuster bei allen Hunden erst einmal gleich. Lediglich junge Hunde trauen sich, auf andere zuzustürmen und wollen spielen. Normalerweise sprechen Hunde mit ihren Körper, ducken den Kopf, lecken sich die Schnauze, wedeln mit dem Schwanz. Als Menschen denken wir zu oft, einen Hund mit einem Kommando steuern zu können und vergessen dabei, die Körpersprache des Tieres zu lesen und zu verstehen.
Bei einem kleinen Hund, der auf einem Arm getragen wird (was man als Hundehalter an sich schon nicht machen sollte), kann es schon deshalb zu Aggressions-Reaktionen kommen, weil er nicht flüchten kann. Das ist so wie wenn man als kleines Kind von den Eltern festgehalten wurde und die Tante dann mit einer befeuchteten Servierte den Marmeladenrest von Mundwinkel gewischt hat. Nur haben wir dann nicht geknurrt, zumindest nicht äußerlich.
Größe spielt beim Verhalten eine Rolle
Auch die Größe des Kopfes spielt bei Ausdruck eine Rolle. Es ist schwieriger zu sehen, ob die Lefzen bereits ein wenig angezogen wurden, oder ob sich die Nackenhaare aufstellen. Hunde werden, um keine Bedrohung darzustellen, untereinander nicht frontal auf sich zugehen, sondern von der Seite. Lässt der andere Hund das zu, darf man näher kommen. Dreht der Hund seinen Kopf dem anderen zu, heißt das “Stop”. Als Menschen hingegen stürmen wir gerne auf alles zu, was vier Beine hat und ignorieren die Reaktionen des Tieres. Damit drängen wir es aber in eine Verteidigungssituation. Wenn sich dann ein Hund noch auf den Bauch dreht, denken wir, er mag uns so sehr und will, dass wir ihn kraulen. Das ist zwar bei manchen Hunden auch der Fall, es ist aber auch Signal einer Aufgabe. Es bedeutet: “Ich zeige dir meine verletzliche Seite, die brauchst keine Angst zu haben, ich tue dir nichts.” Dann wird der andere Hund sich umdrehen und weiterziehen. Menschen hingegen fangen jetzt erst richtig an, was ein Tier noch weiter verstören kann.